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Ehemalige Baumwollspinnerei und -weberei Gebr. Laurenz

Mitte des 19. Jahrhunderts erkennt Hermann Laurenz die Zeichen der Zeit und drängt seinen Bruder und Teilhaber Heinrich zum Bau einer mechanischen Weberei. Sie erwerben den zentrumsnahen Pröpstinghof, der noch auf die Zeit der Sachsenkriege zurückgeht und für die Stadtentwicklung Ochtrups eine wichtige Rolle spielt. Auf einem zunächst etwa einen Hektar großen Grundstück eröffnen sie 1864 ihre erste Textilfabrik, bestehend aus 216 mechanischen Webstühlen unter sechs Sheddächern sowie einer "30-PS-Bayenthal-Maschine" der Kölnischen Maschinenbau-Aktiengesellschaft – ihr verdankt übrigens die Ochtruper Lambertikirche als erste Kirche im Münsterland elektrische Beleuchtung.

Der Fabrikbau löst eine scheinbar unaufhaltsame Expansion aus: In den letzten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts entstehen unter anderem eine Färberei, ein Zweigwerk in Epe mit 500 Webstühlen und aus England erworbenen Spul- und Zettelmaschinen, eine weitere Weberei in Ochtrup mit Trockenhaus, Werkstätten und Lagergebäuden, eine neue Spinnerei am Bahnhof Ochtrup mit zuletzt 37.500 Selfaktor-Spindeln, eine Spulerei, eine Zwirnerei sowie zwei Rauereien.

Auch das Handelsnetzwerk wächst, geknüpft von Geschäftsniederlassungen in Berlin, Stettin, Mönchengladbach und Königsberg. Den vielfältigen Anforderungen wird das bis dahin genutzte Kontorhaus nicht mehr gerecht. Der Nachfolgebau des niederländischen Architekten Gerrit Beltman von 1893/94 im neobarocken Stil mit üppigem Zierwerk enthält neben Büros auch Lagerräume und sogar Badegelegenheiten und wird 1909 durch einen freistehenden Turm ergänzt. 1942 entsteht zusätzlich das von Dominikus Böhm entworfene Empfangs- und Lagergebäude mit seinem charakteristischen Rhythmus aus Mauerstreifen und Glasbändern.

In den 1950er Jahren zählen die verschiedenen Betriebe mehr als 4.000 Mitarbeiter, doch bekommen bald auch die Gebrüder Laurenz – mittlerweile in der vierten Generation – die Textilkrise zu spüren. 1966 übernimmt das Gronauer Textilunternehmen Gerrit van Delden die Firma, legt Garnverkauf und Buntgewebefertigung still und forciert stattdessen Stoffdruck, Uni-Gewebe und Strickerei. 1.200 Arbeiter verlieren ihren Job. In den folgenden Jahrzehnten kommt es zu immer neuen Besitzerwechseln, verbunden mit Schließungen einzelner Standorte. 2015 stehen auch die letzten noch laufenden Maschinen an der Laurenzstraße in Ochtrup still und besiegeln das Ende der Firmengeschichte. Bereits 2001 erwirbt die Stadt das Gelände, stellt den Beltmanbau und das Böhm’sche Empfangsgebäude unter Schutz und diskutiert mögliche Umnutzungs-Szenarien. Heute sind auf dem Areal wieder verschiedene Unternehmen aktiv, darunter ein Designer Outlet Center und ein Elektromarkt.

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Ehemalige Baumwollspinnerei und -weberei Gebr. Laurenz
Ochtrup
Duitsland